Name: Arne Sopp
Titel der Arbeit: LAUTLOS Gesellschaftsmagazin
Hochschule: Fachhochschule Mainz
Jahr: 2009
Betreuender Professor: Prof. Charlotte Schröner
eMail: hello@nurzugast.de
Website:
www.lautlosmagazin.de
Wer bist du und was machst du gerade?
Ich heiße Arne Sopp, 25 Jahre alt und diplomierter Kommunikationsdesigner. Wohnen, leben und arbeiten tue ich seit kurzem in Hamburg. Momentan bin ich als freier Grafiker tätig.
Um was geht es in deiner Arbeit?
LAUTLOS ist ein Gesellschaftsmagazin, welches sich in seiner ersten Ausgabe mit der Tatsache beschäftigt, gehörlos zu sein oder, wie der Titel sagt, ‚lautlos‘ zu leben. Daraus resultieren meist zwei Phänomene: Man kann Gebärdensprache sprechen und man bewegt sich in gehörlosen Kreisen.
Mit meiner Arbeit möchte ich diese beiden untrennbar miteinander verbundenen Themen «Gebärdensprache und Gehörlosenkultur» hörenden Menschen gerne erklären und näher bringen. Diesbezüglich gibt es bisher sehr wenig öffentliches Interesse oder gar Aufklärung, die dringend nötig ist; oder besser gesagt, dies sind Dinge, die ich für spannend genug erachte, dass man darüber zumindest im Kleinen Bescheid weiß.
Gebärdensprache ist nämlich nicht nur Kommunikationswerkzeug, sondern Identität für Gehörlose. Eine besondere Form des Sprechens, welche kaum ein Mensch kann oder gar versteht. So leben Gehörlose eine eigene Kultur innerhalb unserer Gesellschaft, von uns eigentlich unbemerkt. Dass es dort genügend Hürden gab und gibt, behandelt das Magazin auf verschiedene Art und Weise.
Was ist das Besondere an diesem Projekt?
Das Besondere des Magazins liegt in seinem Thema, weniger in der Aufmachung — dort wurde nämlich sehr reduziert, wohl aber auch sehr detailliert und mit viel Liebe gestaltet. Das ungewöhnliche Thema aber macht das Magazin zu dem was es ist, einem Gesellschaftsmagazin. Da es nicht viele Quellen hierzu gibt und eigentlich nur eine Möglichkeit, Gehörlosenkultur wirklich zu erfahren, um letztendlich darüber zu schreiben, musste ich selbst Gebärdensprache lernen — auch um einem gewissen journalistischen Anspruch gerecht zu werden. Das habe ich über mehrere Volkshochschulkurse gemacht. Nur so konnte ich nachempfinden, wie es sich anfühlen muss gehörlos zu sein oder wie ein beeinträchtiges Leben in unserer Gesellschaft aussehen mag. So war der große Teil des Diploms das Erarbeiten von Inhalt.
Zudem habe ich in meiner Diplomphase auf Betreuung verzichtet. Ich wollte ein authentisches Werk schaffen, frei von Autorität oder gestalterischen Vorgaben des Professors. Stattdessen sind befreundete Designer zum Einsatz gekommen, mit denen ich zusammengearbeitet habe und die Illustrationen oder Fotografien für das Magazin beigesteuert haben. Dennoch lag die Gestaltung des Inhalts, die Koordination und Umsetzung ganz allein in meiner Hand.
Bestimmt auch sehr ungewöhnlich für das Diplom eines Kommunikationsdesigners ist es, dass sämtliche Texte der 21 Artikel von mir selbst geschrieben habe. Sie beruhen zumeist auf verschiedenen persönlichen Erfahrungen, Interviews und Gesprächen sowohl mit hörenden als auch mit gehörlosen Menschen. Gewissermaßen besitzt das Magazin auch autobiografische Züge.
Warum hast du dich gerade mit diesem Thema beschäftigt und was möchtest du mit deiner Arbeit erreichen?
Es geht mir in LAUTLOS darum, ein gesellschaftsrelevantes Thema anzusprechen, welches gar nicht als solches angesehen wird. Gehörlose leben unter uns und doch neben uns her, weil es ihnen schlichtweg schwer fällt, die Gesellschaft und ihre Menschen zu verstehen oder auf das dortige Geschehen Einfluss zu nehmen. So bilden sie ihre eigene Subkultur aus, anstatt integriert zu werden. Dennoch hat diese doch so ‚behinderte‘ Kultur ein ganz eigenes, faszinierendes Kulturgut hervorgebracht: Die Gebärdensprache.
Ich finde es nicht nur wichtig, dass über so ein reichhaltiges Kulturgut informiert wird, sondern diese Sprache auch grundlegend spannend und wert sie zu verstehen. Diese Begeisterung möchte ich mit meiner Arbeit weitergeben. Speziell im Hinblick darauf, dass man das Leben anderer durch eine kleine Gebärde wunderbar vereinfachen kann, ohne dafür sein eigenes Leben umzukrempeln zu müssen.
Dennoch bin ich kein Pflichtverteidiger der Gehörlosenkultur. Ich sehe meine Rolle vielmehr im Informieren, dass es Prozesse innerhalb unserer Gesellschaft gibt, die keine Aufmerksamkeit und kein Gehör finden, weil sie als nicht erachtenswert angesehen werden. Ich muss aber im Fall der Gebärdensprache sagen, dass dem so ist. Und das tue ich mit LAUTLOS.
Welchen Stellenwert hat aus deiner Sicht ein Designer? Welchen Bezug zu Nachhaltigkeit und sozialer Verantwortung siehst du dabei?
Ein Designer kann sich einer sozialen Verantwortung bewusst sein, muss er allerdings nicht. Ich für meinen Teil, möchte das aber. Durch meine Begabung ‚Ideen eine Gestalt zu geben‘, kann ich großen Einfluss auf die Relevanz einer Botschaft oder eines Themas nehmen. Und dabei sollte es sich um ein tatsächlich relevantes Thema handeln, nicht um unnütze Produkte oder billige Werbekampagnen für überflüssige TV-Shows. Auch wenn sich damit einige Designer in ihrer Ehre gekränkt fühlen, sollten sie sich dennoch mal überlegen, was sie mit ihrer Arbeit womöglich tagtäglich anrichten. Dass dort die Ansichten weit auseinandergehen, ist mir natürlich bewusst. Ich für meinen Teil möchte mit meiner Arbeit etwas Gutes tun und die Welt ein bisschen besser machen. Das sollte das Grundcredo eines jeden sein, dem eine solche Möglichkeit, wie die Gestaltung von Ideen gegeben wird.
Welche Rolle spielt Nachhaltigkeit / soziale Verantwortung in deinem Leben?
Ich hoffe natürlich selbst, dass ich die Prämisse aus der vorigen Frage auch in Zukunft einhalten kann. Mir ist bewusst, dass das nicht leicht sein wird, will man keine finanziellen Engpässe haben. Nichtsdestotrotz versuche ich meiner sozialen Verantwortung im privaten wie beruflichen Leben nachzukommen. Das fängt beim Stromsparen an, geht über das Kaufen von FairTrade-Produkten und soll letztendlich bei einem sozial oder ökologisch verantwortlichen Beruf enden.
Bisher ist das allerdings Zukunftsmusik, wie so vieles in diesem Sektor. Dennoch finde ich es wichtig, dass ich jetzt schon tagtäglich über Nachhaltigkeit und soziale Verantwortung nachdenke und dem auch nachkomme.
Wie geht’s weiter? Gibt es schon neue Projekte?
Ich bin gerade auf der Suche nach einem Verleger für das Magazin, beziehungsweise nach einer Möglichkeit LAUTLOS auf eigene Faust zu veröffentlichen. In diesem Rahmen habe ich der Arbeit auch eine eigene Webseite gewidmet. Auf www.lautlosmagazin.de sind weitere Details, die es hier nicht zu sehen gibt, aufgezeigt. Was sich daraus entwickelt wird sich zeigen. Ich wünsche mir sehr, dass sich mein Aufwand gelohnt hat und ich weiterhin stark inhaltsorientiert arbeiten kann.
Auch mit der Gebärdensprache soll es weitergehen – vorerst eher nur im privaten.